Freitag, 10. Mai 2024

Über die Wupper


 


Über die Wupper

 

Man kann die Bilder ewig anstarren. Hier sehen wir die Sonnenuhr. Und wir haben nur darauf geachtet. Und dann, auf dem Rückweg erst öffnete sich der Blick auf den Laden. Er war da, mit seinem ganzen amerikanischen Charme des letzten Jahrhunderts. Und das ist eigentlich irre. Die Stadt ist so vielschichtig, man muss sie auch gegen den Strich lesen, um alles zu entdecken. Und hat man alles entdeckt? Ich glaube es nicht. Man müsste sich davor setzen. Und schauen. Und schauen. Schicht für Schicht ins Detail gehen. Man entdeckt nach und nach das Wesen einer Stadt. Das Wesen der Zeit. Das eigene Wesen. Man kann das Leben ablesen. Einige seiner tieferen Dimensionen. Wenn man sich traut. Nicht umsonst befindet sich in dieser Kante eine Nietzsche-Straße. Was sich offenbart ist immer ein lebendiges Labyrinth von Gefühlen. Zumal, wenn man zum zweiten Mal da ist. Und seinen Schatten auf den Steinen wiederfindet. Das eigene Gesicht über die Ladenscheiben huscht. Kurz nur. Ganz kurz. Wie geht man damit um? Lächelnd? Weinend? Was ist, wenn man alles durch sich hindurchströmen lässt? Man ahnt alles: die Wunder, den Alltag, den kosmischen Scherz und die Dämonen. Will man alles, muss man alles kommen lassen, aufnehmen, willkommen heißen, Ja sagen! Und dieses Ja, vor dem steht eine namenlose Angst. Der Torwächter. Nur das offene Auge findet den Schlupfwinkel, durch den man ihm entkommt.  Es ist eine Straßenecke, nur das. Und doch - alles. Jenseits der Worte.Das geschieht,  wenn man lange schaut.

 

André van Markow

(Begonnen im Zug, beendet auf der Terrasse)

 

 




Im schlechten Gedicht

 

Im schlechten Gedicht

 

Im schlechten Gedicht

 

Wie ein abgerissenes Blatt

Im schlechten ersten Gedicht

Treibe ich dahin, so scheint’s

Von Winden gepackt

Zum Kreisen gebracht

Über den Asphalt des Parkplatzes getrieben

Über die Wiesen des nahen Parks

Mal hier, mal dort hin

Doch nie weg, nie fort

Nie an wirklich anderen Ort

Nie in die Stadt des neuen Anfangs

Nie zum Herzen, dem ich gehöre

Nie zum Ziel meiner Sehnsucht

In den Fluss gedrückt zuweilen

Von der Strömung mitgerissen

Immer nur ein kurzes Stück

Ein verzweifelt kurzes Stück

Um dann in Strudel zu geraten

Kreisend in den Schwindel

In den Rausch hinein

Dionysos näher, dem Schwindel

Dem Vergessen, dem Verbluten nah

Bereit für jeden Scherz

Offen jeder kleine Freude

Jedem noch so großen Schmerz

Doch dem Horizont entgegen

Nein

Am Ufer aufschlagen, besinnungslos

Für den Augenblick

Und dann erneut dem Wind zu eigen

Auf eine neue Runde

 

So lerne ich euch kennen

Verweilen würde ich zuweilen gerne

Aufgefangen, Aufgehoben

Zu bleiben, gemeinsam aufzubrechen

Wirklich fort, wirklich weg

Über endlose Meere hinweg

Über endlose Steppen hinfort

Einem neuen Heim entgegen

Einem neuen Ufer und Zuhause

Und doch, und doch

Vergönnt ist es mir nicht

Hältst du nicht fest an mir

So reißt es mich wieder an sich

Ich strecke meine Hand aus

In Worten, in Sinnbildern

Und jeder anderen Weise

Die mir möglich ist

Und doch, ich spreche noch

Während du schon gehst

Vorüber, auf deinem Weg

Ganz richtig, wie es denn sein soll

Mein geistiger Gruß begleitet dich

Der Moment der Begegnung

Er ist gekommen und gegangen

Nur ich bleibe mir noch

Wie zuvor und wie stets

Mit einer Glut in meinem Innersten

Die mich verzehrt

Die mich verbrennt

Und mit der Frage

Wieso und warum

 

So packt mich der Wind wieder

Spielt mit meinem Leben

Dem Rest meines Lebens

Zeigt mir ungeahnte Höhen

Und ich gehe immer mit

Nehme alles, alles mit

Auch den Sturz, den Aufprall

 

Schließlich beginne ich zu welken

Sonst wäre ich nicht herausgerissen

Ich verliere mein grünes Blut

Ich vergilbe, ich verblasse, so scheint’s

Getrieben, hier hin und dort

Bis zur nächsten Begegnung

Zum nächsten flüchtigen Gruß

Zum nächsten Abschied

Zum nächsten tiefen Riss

 

Zu vergehen, ich warte noch

Noch ein Treffen

Auf ein Wort und eine Hoffnung

Und nochmal in den Fluss

In den Strudel, die Raserei

Den Wahn des Rausches

Die Euphorie im Nichts

Auf, die Absurdität zu feiern

Um zerrissen und in Fetzen

Am Ufer zu enden

Am selben Ufer

Nur das Blatt

In einem schlechten Gedicht.

Wo du auch bist

Ich grüße dich

Ich vergesse dich nicht

Meine guten Wünsche

Sie begleiten dich auch

Wenn ich schon sollte nicht mehr sein

 

 

André van Markow

(Geschrieben am Hbf Köln, Zugausfall)

 









Dienstag, 19. Dezember 2023

Looking in the eyes

Too much time thinking and a strange happening


 I thought about the table, deep in philosophically doubt, if it really does exist... but suddenly the table looked back at me, in deep philosophically doubt about MY existence!


Stillstand

 Stirb nicht still





 Entscheidungen. Wollen. Freiheit. Wahl. Entscheidung. Leere Zeit? Wer vergibt sie? Wer kann auch anders? Wir! Wir allein! Kein Moment muss sinnfrei sein. Ein Sprung, eine neue Idee, eine andere Entscheidung. Jetzt. Was tun? Was ist möglich? Ein Blick rundherum. Dann aus dem Fenster. Auf der Suche jetzt. Den Sinn. Den setzen wir. Und selbst wenn Absurdität ein Universum wäre, in dem wir leben müssten. Warum nicht einen Sinn setzen? Ohne Hoffnung? Ein Sinn. Genau hier und jetzt. Das war die Idee von Camus. Seine Erleuchtung! Sinn setzen. Selber. In aller Vergeblichkeit. Revolte! Wie ein Mandala. Und ich, ich setze jetzt meinen Sinn. Ich will jetzt leben. Nicht später. Egal, was passieren wird. Egal, was mich umgibt. Lebendigkeit. Die wir nur aus uns selbst schöpfen. Eine Erinnerung kommt auf. Die Aktion. Die Band. Der Blog. Elas Omere. Elas Omere würde nicht einfach herum sitzen. Er würde sein Ding machen. Er würde kreativ sein. Er wüsste, dass der Moment stets eine Bühne ist. Und auf der Bühne gibt man alles. Egal, ob man darauf gestoßen wurde. Egal, ob man Gitarre oder Bass spielen kann. Man hat die Klampfe in den Händen, man kann Töne machen. Man kann singen. Schief vielleicht. Aber warum sich nicht zum Narren machen. Der Tod ist da nicht so. Er nimmt auch das noch mit. Aber die Lebendigkeit. Die Lebendigkeit wird mich bis zum letzten Atemzug tragen. Nur sind unsere Instrumente bei Elas Omere Stift und Papier, Bildschirm und Tastatur. Unsere Töne sind Buchstaben. Unsere Melodien Geschichten und Gedichte. Do it yourself! Really! Do it yourself! Die Bahn, fällt mir plötzlich auf, hat nicht umsonst hier gehalten. Meine Assoziationen waren nicht umsonst. Zufall vielleicht. Oder Schicksal sogar. Wer kann es wissen? In den Scheiben spiegelt sich die Abendsonne. Und die Brücke ist eine Metallkonstruktion. Nicht sehr schön. Aber ein Rahmen. Kunstvoll gestaltet. Mit Graffiti verziert. Der Stahl als Rahmen. Für einen kleinen Ausschnitt Wirklichkeit. Ein bisschen Grün. Durch die Äste hindurch lässt sich moderne Architektur erahnen. Seelenlose Glasbauten. Schlicht. Nichtssagend. Leblos. Was für ein Gegensatz! Schon ist das Smartphone gezückt, die Kamera eingeschaltet. Das Experiment gelingt. Die unterschiedlichen Blickwinkel ausprobieren. Keiner der richtige. Keiner der falsche. Alle zusammen. So wie es sein muss. Nein. Wie es sein kann. Während dieses Wimpernschlages. Und schon ist die Nervosität verwandelt. Überspielt. Nein. Aus dem Spiel. Eine Idee entsteht. Die zu diesem Text. Dieser Notiz. Diesem Fragment. Philosophie ist keine staubige Sache. Sie ist eine Art zu Leben. Eine Kunst zu leben. Einfach zu vermitteln. Einfach in den Alltag umzusetzen. Um aus ihm auszubrechen. Während ich von Fenster zu Fenster neue Motive suche. Während Jazz aus meinen Kopfhörern dröhnt. Der Punk der Vierziger Jahre. Fühle ich mich frei. Eingezwängt in eine enge, luftleere Röhre aus Stahl aus Glas. Und trotzdem frei. Ich merke, wie Elas Omere wächst. Zusammenwächst mit meinen alten Gedanken, Idealen, Zielen. Wie Elas Omere auch hinter der Bühne, zwischen den Auftritten lebendig bleibt. Weshalb er wagen darf, sich authentisch zu nennen. Schon ruckt der Zug wieder an. Nach einer Viertelstunde? Einer halben Stunde? Ich habe es nicht mitbekommen. Denn ich habe nicht gewartet. Elas Omere wartet nicht. Er wartet nie. Und wenn er in die Gefahr kommt, einmal warten zu müssen, dann erinnert er, dann erinnern seine Bandmitglieder sich an die Möglichkeiten, die in Wirklichkeit überall versteckt sind. Und entdeckt werden wollen. Selbst müde wird Elas Omere wieder wach. Und schaut sich um. Kreativ und mit einem Gefühl von Lebendigkeit. Nicht gut vielleicht. Aber kreativ und in dem Bewusstsein zu leben. Und was will er mehr? Und was würde ihm mehr Freude bereiten, als sich mitzuteilen in der Hoffnung, dass seine Leser sich motiviert fühlen, bestärkt ihr eigenes Ding zu machen. Sich an die Freiheit zu erinnern. Ihre Freiheit. 

André van Markow