Über die Wupper
Man kann die Bilder ewig anstarren. Hier sehen wir die Sonnenuhr. Und wir haben nur darauf geachtet. Und dann, auf dem Rückweg erst öffnete sich der Blick auf den Laden. Er war da, mit seinem ganzen amerikanischen Charme des letzten Jahrhunderts. Und das ist eigentlich irre. Die Stadt ist so vielschichtig, man muss sie auch gegen den Strich lesen, um alles zu entdecken. Und hat man alles entdeckt? Ich glaube es nicht. Man müsste sich davor setzen. Und schauen. Und schauen. Schicht für Schicht ins Detail gehen. Man entdeckt nach und nach das Wesen einer Stadt. Das Wesen der Zeit. Das eigene Wesen. Man kann das Leben ablesen. Einige seiner tieferen Dimensionen. Wenn man sich traut. Nicht umsonst befindet sich in dieser Kante eine Nietzsche-Straße. Was sich offenbart ist immer ein lebendiges Labyrinth von Gefühlen. Zumal, wenn man zum zweiten Mal da ist. Und seinen Schatten auf den Steinen wiederfindet. Das eigene Gesicht über die Ladenscheiben huscht. Kurz nur. Ganz kurz. Wie geht man damit um? Lächelnd? Weinend? Was ist, wenn man alles durch sich hindurchströmen lässt? Man ahnt alles: die Wunder, den Alltag, den kosmischen Scherz und die Dämonen. Will man alles, muss man alles kommen lassen, aufnehmen, willkommen heißen, Ja sagen! Und dieses Ja, vor dem steht eine namenlose Angst. Der Torwächter. Nur das offene Auge findet den Schlupfwinkel, durch den man ihm entkommt. Es ist eine Straßenecke, nur das. Und doch - alles. Jenseits der Worte.Das geschieht, wenn man lange schaut.
André van Markow
(Begonnen im Zug, beendet auf der Terrasse)
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