Montag, 28. Juli 2025

Eden

  Eden  

Für Ina 
 
Ich sitz‘ am Schreibtisch 
Und erzähl‘ mit dem Stift 
Von vollen, geschwung’nen Lippen 
Von süßem Geschmack, Frühjahrsduft  
Von geweiteten Augen, verführerisch  
 
Und durch das offene Fenster 
Hör‘ ich krächzend lachende Laute 
Angedeutet ein hungriges Gejaule 
Lange und kurze Schreie 
Gierig, erregt, unmenschlich  
 
Sitz‘ hier und erzähl‘ 
Vom Garten Eden 
Schrei und Ruf im Nacken 
Bilder aus dem Dunkel 
Aus dem Hinter-, dem Untergrund 
 
Blutende Leiber am Boden 
Durstige Harpien im Sturzflug 
Auf das, was noch übrig ist  
Von amorphen Wesen angenagt 
Das, was noch nicht hinüber ist 
Sich regt und um Gnade fleht 
Durstige Harpien, die nur spielen 
An fremden Gliedmaßen reißen  
an deinem offenem Fleische 
Und deine Augen sind nicht mehr die Deinen 
Das Weltende, der posthumane Garten Eden 
Der neue Morgen ist angebrochen 
 
Nichts hält diese Flut an Bildern auf 
Während mein Blick an schwarzen Linien hängt 
Ein Gespinst auf Papier, aus dem Handgelenk 
Während ganz andres sich aufdrängt  
 
Endlich geb‘ ich’s dran 
Steh‘ auf und geh zum Fenster  
Die Sonne scheint, alles ruhig 
Wie immer, kein Gomorra 
Nur ein paar Elsternjunge 
Gerad‘ erst flügge und aufgeregt  
Voller Kraft und voller Neugier 
Doch die Bilder bleiben mir 
 
Wirken weiter, verbinden sich 
Bilden ‘nen Wirbel von Geschichten  
Der mich zieht, tief und tiefer 
Keine Lippen, kein Kuss, nur Zähne 
Zärtlich in mein Fleisch versenkt 
Eine Vision, ein Zukunftsblick - 
Diese Welt bleibt nicht ewig unser  
 

 



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