Donnerstag, 31. Juli 2025

Unterwegs mit Elas Omere

 Auf dem Nordfriedhof …

… bleiben André van Markow und ich auf Geheiß von Elas Omere vor einem prächtigen Grabmal stehen.
„Wasn das?“, nuschelt er betont unbeeindruckt und zeigt auf etwas.



„Ein … äh … Engel?“, antworte ich mit diesem Anheben der Stimme auf der letzten Silbe, um den Satz zur halben Frage werden zu lassen, wie man das halt so macht, wenn man sich dazu gezwungen sieht, das Offensichtliche auszusprechen.
„Nä“, macht Elas ungnädig, „ich meine doch das, auf dem die Hand liegt.“
„Hm, vielleicht sind diese Harzheims ja eine Dynastie von Phrenologen“, überlegt André. „Nur dass der Engel sich nicht mit dem Schädel aufhält, sondern direkt das Gehirn befühlt.“



Obwohl das absolut nachvollziehbar ist, lässt uns Elas keine Ruhe damit und wir gucken im Internet nach. Es stellt sich heraus, dass der Reichtum der Harzheims einem Abbruchunternehmen zu verdanken ist. Im Nachkriegsdeutschland muss sich der selige Jean damit eine goldenen Nase verdient haben. Immerhin haben wir uns in Köln doch redlich bemüht, keinen historischen Stein auf dem anderen zu lassen.
„Alles klar!“, rufen André und ich gemeinsam aus. „Dann handelt es sich wohl um eine Abrissbirne.“



„Passt schon, passt schon“, sinniert Elas und reimt etwas schief: „Zwischen Hand und Bibel die Abrisszwiebel.“
Als ich später herausfinde, auf was des Engels Hand in Wirklichkeit ruht, behalte ich es für mich. Denn wir sind ja nicht der Wirklichkeit wegen mit Elas Omere unterwegs.

Dosto Jewski Moods

Dosto Jewski Moods 
 
In den Gläsernen Palast gezwängt 
Glänzend wie Kristall, ein Wunderland 
Wo alle alle sehen und nur werken 
Glücklich, zweifellos, sinnerfüllt 
Ohne Trübung, ohne Denken überhaupt 
Streich’ ich die Wände eines Raumes schwarz 
Und schließe meine Türe ab 
Nicht aus Bosheit, nur der Ruhe wegen 
Man hängt mich bald im Lichthof auf 
Wo alle mein Beispiel sehen sollen 
 
Ich tanz’ den Dosto Jewski 
Außerhalb des Rhythmus 
Ich füge mich nicht ein 
In die Melodie des Fließbands 
Ich tanz’ den Dosto Jewski 
Und bleibe einfach taktlos 
Mag es auch mein Nachteil sein 
 
Im Lande des Homo Faber gebor’n 
Im Überfluss blinkender Neon-Sonne 
Wo alle alles geben, nur Spaß zu haben 
Immer beschäftigt, satt, zweifellos 
Und ewig hungrig aufs Neue vom Alten 
Ohne Besinnung, ohne Denken überhaupt 
Geh‘ ich müßig, bleib zu Haus 
Und schalte alle Lichter aus 
Nicht aus Bosheit, nur anders drauf 
So schmäht mich doch im Internet 
Wo alle alles wissen, drüber lästern 
Nur mach’ ich mir da nichts draus 
 
Ich tanz’ den Dosto Jewski 
Außerhalb des Rhythmus 
Ich füge mich nicht ein 
In die Melodie des Fließbands 
Ich tanz’ den Dosto Jewski 
Und bleibe einfach taktlos 
Mag es auch mein Nachteil sein 

André van Markow





Montag, 28. Juli 2025

Eden

  Eden  

Für Ina 
 
Ich sitz‘ am Schreibtisch 
Und erzähl‘ mit dem Stift 
Von vollen, geschwung’nen Lippen 
Von süßem Geschmack, Frühjahrsduft  
Von geweiteten Augen, verführerisch  
 
Und durch das offene Fenster 
Hör‘ ich krächzend lachende Laute 
Angedeutet ein hungriges Gejaule 
Lange und kurze Schreie 
Gierig, erregt, unmenschlich  
 
Sitz‘ hier und erzähl‘ 
Vom Garten Eden 
Schrei und Ruf im Nacken 
Bilder aus dem Dunkel 
Aus dem Hinter-, dem Untergrund 
 
Blutende Leiber am Boden 
Durstige Harpien im Sturzflug 
Auf das, was noch übrig ist  
Von amorphen Wesen angenagt 
Das, was noch nicht hinüber ist 
Sich regt und um Gnade fleht 
Durstige Harpien, die nur spielen 
An fremden Gliedmaßen reißen  
an deinem offenem Fleische 
Und deine Augen sind nicht mehr die Deinen 
Das Weltende, der posthumane Garten Eden 
Der neue Morgen ist angebrochen 
 
Nichts hält diese Flut an Bildern auf 
Während mein Blick an schwarzen Linien hängt 
Ein Gespinst auf Papier, aus dem Handgelenk 
Während ganz andres sich aufdrängt  
 
Endlich geb‘ ich’s dran 
Steh‘ auf und geh zum Fenster  
Die Sonne scheint, alles ruhig 
Wie immer, kein Gomorra 
Nur ein paar Elsternjunge 
Gerad‘ erst flügge und aufgeregt  
Voller Kraft und voller Neugier 
Doch die Bilder bleiben mir 
 
Wirken weiter, verbinden sich 
Bilden ‘nen Wirbel von Geschichten  
Der mich zieht, tief und tiefer 
Keine Lippen, kein Kuss, nur Zähne 
Zärtlich in mein Fleisch versenkt 
Eine Vision, ein Zukunftsblick - 
Diese Welt bleibt nicht ewig unser