Donnerstag, 30. Mai 2024

Für Grace - Ekstase

 




Für Grace — Ekstase

 

Für Grace — Ekstase


All die Pillen und Tabletten

Die weißen Hasen, die zu fangen sind

Sally und ihre Rosen

Die weit geöffneten Augen,

Die riesigen Pupillen

Die Träume, die noch niemand träumte

Berge aus Zuckerwatte, schnell erklommen

Heiße Winde, die in den Bäumen wühlen

Blumen und Pilze, grüßend am Wegesrand

Nicht sie aber wirken

Schlafentzug vielmehr

Und Meditation, die Öffnung aller Sinne

Dem Unterbewussten zugewandt

Dem Einfall, der spontanen Idee

Den Windungen der Assoziation

Den Eruptionen der Intuition

 

Und plötzlich, diese Nähe

Ein neues Verstehen

Der Great Society

Einer Gesellschaft, bunt bemalter Tod

Einem Wiedergänger, fordernd und saugend

Mit jeder Zuweisung schlägt sie zu

Mit jeder Rolle, die sie vorgibt

Stirbt das Individuum

Der Einzelne, seine Lebendigkeit

 

Aber wenn wir in uns gehen

Wenn wir tief in uns gehen

Wenn wir noch tiefer gehen

Um uns zu sehen, uns zu finden

Dann schauen wir wieder hinaus

Durch das Innerste in das Außen

Dann finden wir eine ganze Welt

Dann schauen wir in DIE eine Welt

Deren Teil wir sind, die UNSERE ist

Dann finden wir unseren Sinn

Diese Welt zu lieben, sie zu liebkosen

In ihr zu verschmelzen

Dann  setzt die Musik ein

Eine verschlungene Melodie

Wenn wir ganz versunken sind

Und dennoch in der Welt unterwegs

Psychedelische Klänge

Hypnotische Rhythmen

Eine Stimme, erfüllt vom Rausch

Ein Kontra-Alt, das Tor ins Paradies

Geprägt vom Blick auf die andere Seite

Durchtränkt von Wahrheit und

Der Erzählung dessen, was sein könnte

Liebe

Liebe könnte sein, sie konnte es einst

 

Ein Ausflug in die Unendlichkeit

Das Loslassen aller Selbstbegrenzung

Ein Gefühl der Lust, sich dem Dunkel zu stellen

In den Abgrund zu starren, auf dass er zurück starrt

Wie Nietzsche einst herausfand

Die Farben werden anders, klarer, frischer

Ein neuer Wind weht, eine neue Tür öffnet sich

Hinaus aus dem Alten

Hinaus aus dem Vorgegebenen

Heraus aus dem Befohlenen

Hinein ins Verlorene

Das uns nie verlassen hat

Das wartet und wartet

Bis wir es finden

Bis wir es leben

Liebe

Liebe könnte sein, sie konnte es einst

Freiheit

Freiheit könnte sein, sie konnte es einst

Sie kann es wieder

Wenn du sie gibst

Wenn du sie nimmst

Nicht mit Gewalt, nein, sanft

Sanft, weil sie dein war und ist

Bis dahin lausche dem Geist

Den Träumen, den Kämpfen der Früheren

Suche sie und fühle dich ein

Werde eins mit dem Klang

Schwing mit, schaukle vor und zurück

 

Der Ausstieg, Brüder und Schwestern

Braucht keine Drogen

So wenig er sie verachten würde

Nur Bewusstsein

Wach und zugleich in Trance

Entfesselt und entgrenzt

Gelegenheit, den Raum zu verlassen

Und endlich, endlich frei zu sein

Eins zu sein, selbst zu sein

Damals! Heute! Morgen!

Die Revolution harrt ihrer Kinder!

 

 

Von: Gisbert André Hajowsky




Freitag, 10. Mai 2024

Über die Wupper


 


Über die Wupper

 

Man kann die Bilder ewig anstarren. Hier sehen wir die Sonnenuhr. Und wir haben nur darauf geachtet. Und dann, auf dem Rückweg erst öffnete sich der Blick auf den Laden. Er war da, mit seinem ganzen amerikanischen Charme des letzten Jahrhunderts. Und das ist eigentlich irre. Die Stadt ist so vielschichtig, man muss sie auch gegen den Strich lesen, um alles zu entdecken. Und hat man alles entdeckt? Ich glaube es nicht. Man müsste sich davor setzen. Und schauen. Und schauen. Schicht für Schicht ins Detail gehen. Man entdeckt nach und nach das Wesen einer Stadt. Das Wesen der Zeit. Das eigene Wesen. Man kann das Leben ablesen. Einige seiner tieferen Dimensionen. Wenn man sich traut. Nicht umsonst befindet sich in dieser Kante eine Nietzsche-Straße. Was sich offenbart ist immer ein lebendiges Labyrinth von Gefühlen. Zumal, wenn man zum zweiten Mal da ist. Und seinen Schatten auf den Steinen wiederfindet. Das eigene Gesicht über die Ladenscheiben huscht. Kurz nur. Ganz kurz. Wie geht man damit um? Lächelnd? Weinend? Was ist, wenn man alles durch sich hindurchströmen lässt? Man ahnt alles: die Wunder, den Alltag, den kosmischen Scherz und die Dämonen. Will man alles, muss man alles kommen lassen, aufnehmen, willkommen heißen, Ja sagen! Und dieses Ja, vor dem steht eine namenlose Angst. Der Torwächter. Nur das offene Auge findet den Schlupfwinkel, durch den man ihm entkommt.  Es ist eine Straßenecke, nur das. Und doch - alles. Jenseits der Worte.Das geschieht,  wenn man lange schaut.

 

André van Markow

(Begonnen im Zug, beendet auf der Terrasse)

 

 




Im schlechten Gedicht

 

Im schlechten Gedicht

 

Im schlechten Gedicht

 

Wie ein abgerissenes Blatt

Im schlechten ersten Gedicht

Treibe ich dahin, so scheint’s

Von Winden gepackt

Zum Kreisen gebracht

Über den Asphalt des Parkplatzes getrieben

Über die Wiesen des nahen Parks

Mal hier, mal dort hin

Doch nie weg, nie fort

Nie an wirklich anderen Ort

Nie in die Stadt des neuen Anfangs

Nie zum Herzen, dem ich gehöre

Nie zum Ziel meiner Sehnsucht

In den Fluss gedrückt zuweilen

Von der Strömung mitgerissen

Immer nur ein kurzes Stück

Ein verzweifelt kurzes Stück

Um dann in Strudel zu geraten

Kreisend in den Schwindel

In den Rausch hinein

Dionysos näher, dem Schwindel

Dem Vergessen, dem Verbluten nah

Bereit für jeden Scherz

Offen jeder kleine Freude

Jedem noch so großen Schmerz

Doch dem Horizont entgegen

Nein

Am Ufer aufschlagen, besinnungslos

Für den Augenblick

Und dann erneut dem Wind zu eigen

Auf eine neue Runde

 

So lerne ich euch kennen

Verweilen würde ich zuweilen gerne

Aufgefangen, Aufgehoben

Zu bleiben, gemeinsam aufzubrechen

Wirklich fort, wirklich weg

Über endlose Meere hinweg

Über endlose Steppen hinfort

Einem neuen Heim entgegen

Einem neuen Ufer und Zuhause

Und doch, und doch

Vergönnt ist es mir nicht

Hältst du nicht fest an mir

So reißt es mich wieder an sich

Ich strecke meine Hand aus

In Worten, in Sinnbildern

Und jeder anderen Weise

Die mir möglich ist

Und doch, ich spreche noch

Während du schon gehst

Vorüber, auf deinem Weg

Ganz richtig, wie es denn sein soll

Mein geistiger Gruß begleitet dich

Der Moment der Begegnung

Er ist gekommen und gegangen

Nur ich bleibe mir noch

Wie zuvor und wie stets

Mit einer Glut in meinem Innersten

Die mich verzehrt

Die mich verbrennt

Und mit der Frage

Wieso und warum

 

So packt mich der Wind wieder

Spielt mit meinem Leben

Dem Rest meines Lebens

Zeigt mir ungeahnte Höhen

Und ich gehe immer mit

Nehme alles, alles mit

Auch den Sturz, den Aufprall

 

Schließlich beginne ich zu welken

Sonst wäre ich nicht herausgerissen

Ich verliere mein grünes Blut

Ich vergilbe, ich verblasse, so scheint’s

Getrieben, hier hin und dort

Bis zur nächsten Begegnung

Zum nächsten flüchtigen Gruß

Zum nächsten Abschied

Zum nächsten tiefen Riss

 

Zu vergehen, ich warte noch

Noch ein Treffen

Auf ein Wort und eine Hoffnung

Und nochmal in den Fluss

In den Strudel, die Raserei

Den Wahn des Rausches

Die Euphorie im Nichts

Auf, die Absurdität zu feiern

Um zerrissen und in Fetzen

Am Ufer zu enden

Am selben Ufer

Nur das Blatt

In einem schlechten Gedicht.

Wo du auch bist

Ich grüße dich

Ich vergesse dich nicht

Meine guten Wünsche

Sie begleiten dich auch

Wenn ich schon sollte nicht mehr sein

 

 

André van Markow

(Geschrieben am Hbf Köln, Zugausfall)